DEG Magazin Saison 2022/23 Ausgabe 2

14 „Meine drei Töchter haben mich auf diesemGebiet weitergebildet.“ Der Trainer (rechts) mit Ehefrau Annika. Zum Leben ist die Schweiz auch toll, ein absolutes Traumland. Aber ihr habt Recht: In Schweden funktioniert eigentlich alles sehr gut. Ich glaube, dass wir Schweden als Gesellschaft und als Nation generell sehr offen für Innovationen und Veränderungen sind. Nehmen wir mal das Thema Schule: Wenn ich als junger Mensch in Deutschland Eishockeyprofi werden möchte, ist es sehr schwierig, Schule und Training unter einen Hut zu bringen. In Schweden gibt es die Pflicht für alle, neun Jahre in die Schule zu gehen. Das ist das Minimum, diese Hürde muss man bestehen. Aber danach kann man drei Jahre aufs Eishockey-Gymnasium gehen, wo der Lehrplan an den Trainingsplan angepasst wird. Ist man dann so gut, dass es für die erste Mannschaft reicht, leidet die Schule bei dem schwedischen Modell nicht automatisch drunter. Diese Methode gefällt mir gut. Es wird einem in Schweden wesentlich einfacher gemacht, Eishockeyprofi zu werden als in der Schweiz oder in Deutschland. Vielleicht liegt das auch daran, dass wir Dinge stetig weiterentwickeln und nicht starr an Ausbildungswegen festhalten. Bist Du ein politischer Mensch? Also hast du eine Meinung zum NATO-Beitritt der Schweden oder zu anderen aktuellen internationalen Baustellen? Nein, eigentlich bin ich nie ein politischer Mensch gewesen. Das kommt jetzt erst mit dem Alter. Meine drei Töchter und meine Frau sind politisch sehr interessiert und dazu sehr feministisch eingestellt, die haben mich auf diesem Gebiet weitergebildet. Zurück zum Eishockey: Du bist dann in die große weite Welt – von Rögle in die quasi Nachbarstadt Malmö gewechselt. Das war für viele Leute ein großer Skandal, da Rögle und Malmö Derbygegner sind. Aber eigentlich gibt es in meiner Karriere nur zwei Dinge, die ich im Nachhinein lieber anders gemacht hätte: Die erste war, dass ich so lange in Rögle geblieben bin. Ich war von Vancouver gedraftet worden (Anmerkung der Redaktion: NHL Entry Draft 1987, 11. Runde, 213. Position). Damals gab es weniger Mannschaften in der NHL und es war generell schwieriger als heute, in der stärksten Liga der Welt unterzukommen. Und ich bin trotzdem in Rögle geblieben, Wahnsinn! Wir spielten damals in der 2. Liga und standen auf der Kippe. Rögle war einfach meine Mannschaft, ich wollte so sehr den Aufstieg mit ihnen schaffen. Leider hat das nicht geklappt. Nach zwei weiteren Jahren mit guten Angeboten musste ich dann wirklich gehen. Mir lagen sehr viele Angebote vor, ich hätte jeden Verein nehmen können – und habe mich für Malmö entschieden. Nach meinem Wechsel haben mich in Ängelholm viele Leute für viele Jahre nicht mehr gegrüßt. Während Deiner Jahre in Malmö bist Du mit der schwedischen Nationalmannschaft Weltmeister und Olympiasieger geworden. Stimmt. Die fünf Jahre in Malmö waren die sportlich besten meiner Karriere. War das echt der erste Olympiasieg für Schweden? Ja genau, 1994 in Lillehammer. Und da kommen wir zum zweiten Punkt in meiner Karriere, den ich im Nachhinein gerne anders gemacht hätte: Ich habe im entscheidenden Penaltyschießen den entscheidenden fünften Penalty verschossen... Im Olympia-Finale! Aber Kanada hat zum Glück auch nicht getroffen und wir haben dann Gott sei Dank trotzdem noch gewonnen. Aber mit diesem einen Treffer hätte ich mich in Schweden unsterblich machen können! Ansonsten hatte ich aber während meiner aktiven Laufbahn das Glück, dass ich mit Druck gut umgehen konnte. Je wichtiger das jeweilige Spiel war, desto besser habe ich abgeliefert. Nur halt nicht im Olympiafinale 94. “Ich war blau im Gesicht und völlig verkrampft” Vor dem Olympiasieg bist Du 1992 bereits Weltmeister in Prag geworden. Das war wirklich eine tolle Zeit! Die zwei schwedischen Meisterschaften mit Malmö 1992 und 1994 gehören in dieser Aufzählung natürlich noch dazu. 1992 fand zur WM und der Meisterschaft zusätzlich auch noch der Europacup in Düsseldorf statt, diesen Wettbewerb gab es damals noch. Wir haben im Finale Dynamo Moskau geschlagen – eine wahnsinnig schöne erste Erinnerung an Düsseldorf. Das war im Übrigen auch mein erster Gedanke, als die Anfrage von der DEG kam: Die Stimmung im Eisstadion war überragend, die Fans sehr laut. Und dann kam Kassel. Dann kam Kassel. Auch hier habe ich fünf Jahre gespielt und wir sind direkt im ersten oder zweiten Jahr völlig überraschend Vizemeister geworden. Du bist in Kassel zum ersten Mal auf die ganzen Düsseldorfer wie Daniel Kreutzer und Niki Mondt sowie auch auf Thomas Dolak getroffen. Ja, wir hatten in Kassel auch Gerhard Brunner als Trainer. Den kanntet Ihr hier in Düsseldorf ja auch gut. Und ich habe dort drei Jahre unter dem Alpenvulkan gespielt, Hans Zach. Ich habe ihn gemocht, hatte kein Problem mit Hans. Natürlich war er zu machen Leuten viel zu hart, aber ich fand, dass Hans immer auch eine nette Seite hatte. Aber klar, er hat es auch oft übertrieben. Trotzdem: Hans Zach hatte eine Mission und eine Richtung, in die er uns als Trainer bringen wollte. Das ist ihm bekanntlich meistens gelungen. Aber in der Rückschau würdest Du Deinen Wechsel nach Deutschland nicht als den dritten Fehler Deiner Karriere bezeichnen? Nein, überhaupt nicht. Ich hatte super tolle Jahre in Kassel. Meine dritte Tochter ist in Deutschland geboren. Meine Alteste ist in Kassel drei Jahre in die Schule gegangen und hat damals fließend Deutsch gesprochen. Nach meiner Zeit bei den Huskies sind wir ja zurück nach Schweden gegangen. Heute spricht sie leider kein Deutsch mehr – außer wenn sie Deutsch vorliest. Dann hörst du keinen schwedischen Akzent, dann ist ihr Deutsch perfekt! ROGER HANSSON

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